Was wir tun

Berichte aus bisherigen Mitglieder-Manualen

2018

Digitalisierung

Daniel Felix

Für die Buben die grösste Attraktion unter dem Christbaum war die Modelleisenbahn. Bei mir war das exakt auch so. Obwohl ich bis heute nicht weiss, wem mein Vater die Eisenbahn wirklich schenkte, wir hatten beide unsere Freude daran.

Die nächste grosse Attraktion, vielleicht die fast grössere als die Modelleisenbahn, konnte ich mir als Lehrling gleich selbst kaufen: einen brandneuen Commodore-64-Computer. Im Gegensatz zur Modelleisenbahn funktionierte der C64 digital, und es tat sich eine ganz grosse, neue Welt auf für mich

Die Modelleisenbahn ist aus meinem Alltag verschwunden, der Computer nicht. Ich kann mir den Alltag und meinen Beruf ohne Computer schlicht nicht mehr vorstellen. Die meisten meiner Tätigkeiten erledige ich heute mit dem Computer: kommunizieren, Filme schneiden, schreiben, fernsehen usw. Das Smartphone gehört auch zu meinem digitalen Dasein.

Trotz vieler pessimistischer Ankündigungen von Zeitgenossen während meiner letzten 30 Lebensjahre habe ich wegen der Digitalisierung bis jetzt nicht weniger Arbeit, sondern im Gegenteil viel mehr. Dank der Digitalisierung kann ich viel tollere Filme machen und sie sogar im Kino aufführen. Das Kino ist ja nun auch digital.

In letzter Zeit hören wir von allen Seiten: JETZT komme die Digitalisierung. Die pessimistischen Zeitgenossen verkünden wieder, es gäbe in Zukunft viel weniger Arbeit und wir würden von einer regelrechten Arbeitslosenwelle überrollt werden.

Dieses Mal mache ich mir Gedanken darüber, wie es wohl sein wird, wenn zum Beispiel autonom fahrende Autos, Busse, Lastwagen und Züge alltäglich sind. Was machen die betroffenen Chauffeure und Lokomotivführer? Werden sie einfach wegrationalisiert? Und was passiert in andern Branchen? Ich glaube lieber den Optimisten, die uns neue Berufe und neue Möglichkeiten vorhersagen. Aber sicher bin ich nicht. Bei der kommenden Digitalisierungswelle sind meine Gefühle hin und her gerissen

Meine Modelleisenbahn habe ich übrigens dem Nachbarsjungen verschenkt. Als erstes hat er sie digitalisiert und steuert sie nun mit dem Computer und dem Smartphone. Ich bin begeistert.

Daniel Felix, Präsident BahnJournalisten Schweiz

2017

Mit Volldampf voraus

Edwin Dutler

Meine frühesten Kindheitserinnerungen von Reisen über den Gotthard liegen über vierzig Jahre zurück. Damals servierten die Kellner der Schweizerischen Speisewagengesellschaft SSG in weiss gestärkten Uniformen mit goldenen Emblemen das Nachtessen im Speisewagen. Der Koch in der Kombüse schwitzte vor seinen Töpfen und auch die Käseplatte nach dem Essen schmeckte lecker. Die Erinnerungen an damals bleiben erhalten.

Schon lange vor meiner Zeit reisten Menschen mit der Bahn durch den Gotthard. 135 Jahre sind seit der Eröffnung des ersten Gotthardtunnels im Jahr 1882 verstrichen. Wohl auch damals wälzten die Leute dieselben Sorgen wie heute. Was passiert mit der Postkutsche nach Eröffnung der Bahnlinie? Bleiben die Täler erschlossen? Wie sieht die Zukunft aus?

Heute wissen wir, dass sich auch ohne den früheren Postkutschenverkehr die Gotthardregion zu einer attraktiven Reisedestination entwickelt hat. Die Mobilität hat uns vorwärts gebracht. Genau deshalb müssen wir den neuen, 57 km langen Basistunnel als grosse Chance für die Attraktivität der Schiene und die Schweiz betrachten.

Auch die alte Bergstrecke wird bestehen bleiben. Sie wird anders genutzt werden, und wie auch schon beim Lötschberg werden die meisten Reisenden künftig den schnellen Weg unten durch wählen. Das ist die Realität. Auf der Bergstrecke wird es bahntechnisch vielleicht etwas ruhiger werden, landschaftlich bleibt sie deswegen nicht weniger attraktiv.

Der neue Basistunnel bringt neue Verkehre auf die Schiene zurück, lockt wieder mehr Tagestouristen ins Tessin, erschliesst neue Reisemöglichkeiten, lässt Kunden bei voller Fahrt mit 4G/LTE-Highspeed auf ihren Smartphones im Internet surfen, während der Lokführer, überwacht von der neusten Zugsicherung, sicher durch den Tunnel steuert.

Ich wünschte mir, dass gerade die Journalisten von Zeit zu Zeit noch etwas mehr in die Zukunft blickten und den Menschen die Augen für Visionen öffnen würden. Die alten Visionäre von 1882 hätten sich dies zu ihrer Zeit sicher auch gewünscht. Die Bahn hat Zukunft, und ich freue mich schon jetzt auf die Reise dorthin.

Christian Ginsig, Vorstandsmitglied BahnJournalisten Schweiz

2016

Transparenz – auch bei den Finanzen

Edwin Dutler

Es ist mir, als sei es gestern gewesen, als ich als neu gewähltes Vorstandsmitglied unserer Organisation im Jahre 2007 das Editorial für unser MitgliederManual schrieb. Und damals wie heute schreibe ich über Geld.

Der sorgsame Umgang mit dem anvertrauten Geld ist für jeden Kassier gleichsam das Lebenselixier – und immer wieder eine Gratwanderung: Auf der einen Seite darf er den Fortschritt des Vereins nicht behindern, auf der andern Seite sind alle Ausgaben genau zu überprüfen. Der Budgetprozess ist die erste Grundlage, damit über die Ein- und Ausgaben Klarheit herrscht. In der Vergangenheit konnten stets alle Ausgabenposten mit den laufenden Einnahmen gedeckt werden. Um die Transparenz zu steigern, haben wir in den vergangenen Jahren bei allen Ausgabenposten jeweils die Sach- und Personalkosten separat aufgeführt.

Der erneuerte Vorstand war jedoch der Ansicht, dass wir hinsichtlich der Transparenz noch weiter gehen sollen. Wir haben deshalb im Januar 2015 ein Finanzreglement in Kraft gesetzt, das die Statuten unserer Organisation ergänzt und alle Ausgabenposten klar und eindeutig aufführt. Diese volle Transparenz ist uns insbesondere gegenüber unseren Sponsoren, jedoch auch gegenüber allen Mitgliedern sehr wichtig.

Damit das Finanzreglement nicht toter Buchstabe bleibt, haben wir die Revisionsstelle einerseits personell verstärkt und andererseits ihre Kompetenzen erweitert: Die Arbeiten sind nicht mehr nur auf die Kontrolle des Finanz- und Rechnungswesens beschränkt; die Revisionsstelle kann vielmehr auch die Rechtmässigkeit und die praktische Zweckmässigkeit der gesamten Verwaltungstätigkeiten überprüfen und gegenüber der Hauptversammlung Stellung nehmen.

Mit diesen Massnahmen bieten wir höchstmögliche Gewähr, dass Ihre Sponsoren- und Mitgliederbeiträge im Sinne der Statuten und zum Wohle des ganzen Vereins verwendet werden.

Edwin Dutler, Kassier BahnJournalisten Schweiz

2015

Wir Medienschaffende sind Partner der öV-Branche

Bernhard Studer

Was geschieht? Was genau? Wieso genau das, nicht etwas anderes? Was hätte zu geschehen, damit etwas anderes geschieht?

Wir sind neugierig. Und uns alle verbindet das Interesse am öffentlichen Verkehr. Einem komplexen System: betriebswirtschaftlich gesehen ausserordentlich kapitalintensiv, mit extrem hohen Fixkosten, dazu vergleichsweise geringen Grenzkosten. Unserer Volkswirtschaft stiftet der öV einen enormen Nutzen, allerdings nicht oder kaum quantifizierbar. Ein Grundangebot im 60- oder sogar im 30-Minuten-Takt, öV-Haltestellen in Fussgängerdistanz zu fast jeder Haus-, Büro- und Werkstatttüre, ein einfaches und für Stammkunden sehr preiswertes Tarifsystem – all das ist ein wichtiger Teil unserer Lebensqualität.

Unser Verein verfolgt drei Hauptziele:

Zum Ersten vernetzen wir engagierte Menschen: Medienschaffende untereinander und zu Vertretern der öV-Branche, der Industrie und der Wissenschaft. Wir begegnen uns kollegial, auf gleicher Höhe, meistens ohne Neid und Konkurrenzangst. Wir sprechen miteinander und tauschen unsere Meinungen aus. Wir wissen, dass Meinungen keine Tatsachen ändern. Doch dieser Austausch schafft Vertrauen und baut Hemmschwellen ab. Und er lehrt uns, wo wir finden können, was wir selber nicht wissen. Man – ob Journalist oder Mediensprecher – greift danach viel leichter zum Telefon, um eine Frage zu klären oder eine vorgefasste Meinung zu hinterfragen.

Zum Zweiten reisen wir. Manche normalerweise verschlossene Türe öffnet sich für uns; wir treffen interessante und gescheite Menschen, denen wir sonst nicht begegnet wären. Das lehrt uns, die Dinge zu sehen, wie sie sind, statt zu glauben, wie sie seien.

Zum Dritten schliesslich wollen wir Fachwissen auf- und ausbauen. Weiterbildung also, im besten Sinne des Wortes. Es gilt, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden und das Wesentliche ernst zu nehmen. Dieser wichtige Aspekt zeigt aber noch nicht die gewünschte Wirkung. Deshalb sollen vermehrt Kurzveranstaltungen angeboten werden, ausserhalb des Tagesgeschäftes angesiedelt. Das steigert aber auch unsere Attraktivität für junge Medienschaffende. Denn wir wollen unseren Mitgliederstamm verjüngen und professionalisieren.

Was wollen wir erreichen? Stellen Sie sich vor, unsere Partner aus der öV-Branche und der Industrie sehen möglichst viele unserer Medienschaffenden als Know-how-Träger, welche die Komplexität des „Systems Mobilität“ mit seinen vielfältigen technischen, sozialen, politischen, ökonomischen und historischen Einflussgrössen, Zusammenhängen und Abhängigkeiten sehen und verstehen. Können Sie sich vorstellen, wie das gegenseitige Interesse beflügelt würde? Für unsere Partner sind ausdrucksfähige und schreibgewandte Know-how-Träger von besonderem Interesse.

Als Medienschaffende des öffentlichen Verkehrs sollten wir uns bei unseren Partnern in der öV-Branche und der Industrie besser sichtbar machen. Ebenso bei unseren Partnern in der Wissenschaft, der öffentlichen Verwaltung und – fallweise – auch in der Politik.

Bernhard Studer, Präsident BahnJournalisten Schweiz

2014

Nächstes Jahr bleibt alles anders

Rolf Thallinger

Machen wir mit am Wettbewerb, am globalen? Die Schweiz als kleines Land und eher wenig bedeutende Volkswirtschaft kann es sich nicht aussuchen. Welche Standortvorteile bietet sie einheimischen und internationalen Unternehmen? Nun gut, werden Sie denken, da sind mal Wissen und Bildung als wichtig(st)es Kapital. Eine hohe Arbeitsmoral, der Arbeitsfrieden, überhaupt ein stabiles politisches System, werden Sie vielleicht ergänzen. Und je nach Kanton auch attraktive Steuern. Die Schweiz hat aber auch, wichtig für Unternehmen und Arbeitnehmer, eine moderne Verkehrsinfrastruktur und dichte Verkehrsnetze zu bieten. Insbesondere das gut ausgebaute System des öffentlichen Verkehrs geniesst im Ausland einen ausgezeichneten Ruf.

Ein weit entwickelter öffentlicher Verkehr, sehr zuverlässig und allseits geschätzt. Dist es doch am besten, man ändert gar nichts daran. Es kann ja nur schlechter werden. Ändert sich überhaupt etwas? Denken Sie zurück an die letzten drei Fahrplanwechsel. Und? Die meisten werden nun den Kopf schütteln. Nein, nein, das waren höchstens kleine Anpassun- gen. Wenn bei uns doch alles so hervorragend ist, über was bitte sollen denn öV-Journalisten schreiben? Braucht es diese überhaupt? Es gibt ja keine grossen Entwicklungssprünge mehr. Die Schweiz ist längst entdeckt, besiedelt und erschlossen. Langweilig.

Bleibt der Blick auf die Schweiz von heute gerichtet, dann kann man schon behaupten, es sei alles wunderbar. Aber das ist natürlich nicht einmal die halbe Wahrheit. Schauen Sie etwas weiter als nur bis zum Horizont. Die Welt um uns herum steht nicht still. Städte, Ballungsräume, Landesteile und multinationale Regionen entwickeln sich weiter. Es wird geplant, realisiert, aufgeholt, überholt. Wachstum. Der Fortschritt macht es möglich, dass uns dieses Tempo manchmal fast überfordert. Auch in der Schweiz entsteht Druck. Die Stichworte sind Mobilitätsverhalten und Bevölkerungsentwicklung. Ob zu Arbeits- und Ausbildungszwecken oder zum Vergnügen: Der öffentliche Verkehr von heute kann ohne Ausbau die künftigen Bedürfnisse nicht befriedigen.

Deshalb wird auch in der Schweiz nachgedacht, verhandelt, entwickelt, investiert. Wie, so lautet die zentrale Frage, wie machen wir unseren öffentlichen Verkehr fit für die Zukunft? Wie machen wir es am besten? Anders als der Bau einer Eisenbahnbrücke ist das keine exakte Wissenschaft. Es ist ein Abwägen von Interessen. Und ein Verteilkampf um die notwendigen Mittel. In diesen Prozessen der Meinungsbildung spielen gerade die Medien eine wichtige Rolle. Wer will da noch sagen, es brauche keine spezialisierten öV-Journalisten mehr?

Rolf Thallinger, Vorstandsmitglied BahnJournalisten Schweiz

2013

Selber erleben statt abschreiben

Mathias Rellstab

Wozu braucht es eigentlich einen Bahnjournalisten-Verein, und was tut der? Wer einen Blick auf das reich befrachtete Terminprogramm 2012 wirft, findet die zweite Frage schon einmal beantwortet. Das diesjährige Reiseprogramm sieht unter anderem Exkursionen nach Österreich, Norwegen und Italien vor. Nur: Wozu das Ganze?

Während der Österreich-Reise Ende April 2012 lernten um die 15 unserer Mitglieder das junge Unternehmen Westbahn kennen, das mit Schweizer Zügen den ÖBB zwischen Salzburg und Wien Beine macht. In Wien hatten die Bundesbahnen dann Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge dazulegen. Aber damit nicht genug: Während derselben zweitägigen Reise machten wir Bekanntschaft mit den Salzburger Lokalbahnen, bei denen Zugbegleiter statt Automaten die Billette verkaufen, und den Wiener Lokalbahnen, die von Haus aus eine Überland-Tramstrecke betreiben, aber auch Güterzüge von Nordsee bis zum Schwarzen Meer führen.

Damit dürfte auch die erste Frage beantwortet sein: Es geht darum, Neues zu entdecken, den journalistischen Horizont zu erweitern, Zusammenhänge zu verstehen. Das geht nicht, indem man von Pressemitteilungen abschreibt oder Agenturmeldungen online stellt. Nun muss es noch vermehrt gelingen, Journalisten der etablierten Tageszeitungen davon zu überzeugen, damit der gewaltige organisatorische Aufwand und das Engagement der Sponsoren auch weiterhin mit angemessener Berichterstattung honoriert werden. Das ist eines der Ziele, die sich der verjüngte Vorstand gesetzt hat. Angesichts der knappen Ressourcen in den Redaktionsstuben ist das keine einfache Aufgabe.

Wohlgemerkt, auch die BahnJournalisten haben die Zeichen der Zeit erkannt: Im Vergleich zu früheren Jahren sind die Studienreisen kürzer geworden, das Programm noch dichter. Anders gesagt: Maximaler Informationsertrag bei minimalem Zeitaufwand für die Teilnehmenden, denn das Organisieren der Reisen ist so nicht unbedingt einfacher.

Nicht zuletzt wegen der knappen Zeitbudgets möchten die BahnJournalisten vermehrt auch Tages- oder Halbtagesanlässe organisieren. Mit dem FABI-Informationslunch, der im Februar 2012 in Bern stattfand, wurde ein erster Akzent in dieser Richtung gesetzt. Bei einem gediegenen Imbiss konnten die zahlreich anwesenden Mitglieder mit den Direktoren von BAV, VöV und LITRA den Gedankenaustausch pflegen. Auch sonst kommen Schweizer Themen nicht zu kurz: Im August zum Beispiel werden interessierte Mitglieder während zweier Tage erleben können, was unsere Güterbahnen Tag für Tag leisten, nicht anhand trockener Tabellen und Zahlenreihen, sondern live vor Ort, an Bahngleisen und in Umschlagterminals.

Die europäische Bahnwelt wandelt sich: Wo noch vor wenigen Jahren schwerfällige Staatsbahnen agierten, mischen neue Anbieter den Markt auf: Westbahn, NTV, Regio-Jet, um nur drei Namen zu nennen. Andere Unternehmen sind längst von der Bildfläche verschwunden, tauchen aber dennoch alle paar Wochen in gewissen Zeitungen auf, weil sich so schön darauf schimpfen lässt; Stichwort Cisalpino. Um so wichtiger ist es, dass Journalisten, die über den öffentlichen Verkehr berichten, Informationen aus erster Quelle erhalten und diese einordnen können. Hierzu möchten die BahnJournalisten mit ihren Aktivitäten beitragen.

Mathias Rellstab, Präsident BahnJournalisten Schweiz